Wir haben, in der Vergangenheit, schon öfters Aufrufe gestartet, um neue Sportwarte der Streckensicherung zu finden. Doch da man viel schreiben kann, haben wir uns überlegt “Warum kein Interview mit einem unserer Sportwarte zu machen, der aus seiner eigenen Sicht schildert, wie es an und neben der Strecke ist”. Hier lest ihr das Ergebnis.
Hallo Michael. Danke das Du dich bereit erklärt hast, dieses Interview mit uns zu führen, um Interessierten den “Job” des Sportwartes der Streckensicherung, umgangssprachlich Streckenposten genannt, näher zu bringen. Lass uns beginnen.
Warst Du schon immer Motorsport begeistert?
Meine ältesten Erinnerungen an den Motorsport ist der letzte Titel von Michael Schuhmacher im Jahr 2004. Also ja, ich würde sagen der Motorsport begleitet mich schon einige Jahre meines Lebens.
Wann und warum hast Du dich entschieden, den Schritt auf die andere Seite des Zauns zu machen?
Das war bei meinem ersten Besuch bei den 24 Stunden von Spa im Jahr 2019. Ich habe die Streckenposten dort vor Ort gesehen und sie während der Veranstaltung bei ihrer Arbeit beobachtet. Da ist für mich der Entschluss gefallen, das möchte ich auch machen!
Du bist also noch nicht so lange dabei. War es am Anfang so, wie Du es erwartet hast oder hattest Du andere Vorstellungen?
Das erste Jahr war für mich etwas besonders, es war die „Corona Variante“ des 24h Rennen auf dem Nürburgring im September 2020. Dort waren natürlich die Umstände etwas andere, zudem das Wetter an diesem Wochenende alles andere als Motorsportfreundlich war. Trotz dessen hat mir die Arbeit als Streckenposten von der ersten Minute an viel Spaß bereitet, zudem wurde einem aber auch schnell bewusst welche Verantwortung man trägt. Im Großen und Ganzen würde ich sagen sind meine anfänglichen Erwartungen sogar übertroffen worden.
Gibt es bestimmte Voraussetzungen, die Du erfüllen musstest, bevor Du deinen ersten Einsatz machen konntest? Beispielsweise eine Schulung oder ähnliches?
Ja, vor seinem ersten Einsatz macht man eine Schulung, in welcher man die zahlreichen Flaggen und Regeln erklärt bekommt. Zusätzlich werden einem die Besonderheiten an der Nordschleife nähergebracht. Zudem gibt es noch einen praktischen Teil. Dieser beinhaltet Übungen zur ersten Hilfe, eine Feuerlöschübung sowie Bergetechniken.
War die Prüfung für die Lizenz sehr schwierig?
Nein. Wenn man etwas Interesse für den Motorsport mitbringt, werden einem die meisten Fragen leichtfallen. Es gibt einige Besonderheiten, speziell an der Nordschleife. Diese werden einem im Rahmen der Schulung aber sehr gut erklärt, offene Fragen können dort auch jederzeit geklärt werden. Danach ist man Fit für die Prüfung.
Wie sieht Dein Tagesablauf aus, wenn Du als Sportwart der Streckensicherung im Einsatz bist?
Bei einem normalen Lauf der NLS beginnt der Tag um 06:30 mit dem Treffen am Nürburgring. Nach einer kurzen Besprechung und der Einteilung der Posten geht es raus auf die Strecke. Dort angekommen gibt es Funk und Material, dann geht es auch direkt schon auf den Posten. Je nach Jahreszeit und Wetterbericht wird erstmal der Posten entsprechend eingerichtet. Gegen 07:45 Uhr wird dann „Rot gefahren“, das bedeutet die Strecke ist ab diesen Moment für uns Streckenposten gesperrt. Von 08:30 Uhr bis 10 Uhr findet dann das Training statt, bei diesem bleibt es meist noch ziemlich ruhig. Dann ist erstmal Pause bis zum Start der Einführungsrunde um 11:40 Uhr. In dieser Zeit ist Raum für ein ausgewogenes Frühstück oder einen netten Plausch mit dem Postenkollegen.
Bei der Einführungsrunde schwenken alle Posten die weiße Flagge. Es ist quasi die Ruhe vor dem Sturm, wenn das Feld ein letztes Mal geschlossen an einem vorbei fährt. Um 12 Uhr ist dann der Rennstart, und ich kann euch sagen, es ist für mich jedes Mal erneut das Highlight des Tages, wenn die Führungsgruppe in der 1. Runde an einem vorbeifliegt. Stets ein Gänsehaut Moment für mich. Das Rennen geht dann in der Regel bis 16 Uhr, also vier Stunden. Dabei gibt es ruhigere Tage, bei denen man auch Zeit hat, einfach das Rennen etwas zu genießen, und es gibt die Tage an welchem man die Flaggen kaum aus der Hand legen kann, meist spielt dabei das Wetter eine große Rolle.
Nach Rennende treffen sich dann alle nochmal zur Nachbesprechung, bevor im Anschluss alle die Heimreise antreten.
Von außen sieht das alles so einfach aus. Aber man trägt schon eine gewisse Verantwortung, oder?
Natürlich! Mit jedem Tag an der Strecke wird einem das wieder erneut bewusst. Man glaubt gar nicht, wie schnell so ein Unfall passiert. Und speziell dann ist es wichtig, einen kühlen Kopf bewahren zu können und richtig abzusichern, um schlimmeres zu verhindern. Schon eine kleine Unaufmerksamkeit kann bereits große Folgen haben. Das haben wir im letzten Jahr ja leider häufiger vor Augen geführt bekommen.
Was hat Dich dazu bewogen, dass Du dich schließlich der Deutschen Streckensicherung e.V. angeschlossen und letztlich dort auch Mitglied geworden bist?
Die Atmosphäre bei der Deutschen Streckensicherung hat mir vom ersten Tag an gut gefallen. Es ist eine coole Truppe mit netten, hilfsbereiten Leuten, die alle die gleiche Leidenschaft verfolgen. Mir gefällt besonders der Umgang untereinander gut, selbst bei Problemen können diese stets schnell und ohne Streitigkeiten gelöst werden. Selbst wenn man mal einen Fehler macht, wird einem dieser zwar aufgezeigt, aber man wird nicht dafür kritisiert. Im Gegenteil, es folgen Tipps wie man es in Zukunft besser machen kann.
Trifft und sieht man die anderen Mitglieder ausschließlich bei den Einsätzen an der Strecke oder auch mal außerhalb?
Natürlich sieht man sich am häufigsten bei den Einsätzen am Nürburgring. Aber auch sonst veranstalten wir ein Sommerfest, eine Weihnachtsfeier und alle paar Monate gibt es Versammlungen. Man sieht sich also doch auch häufiger abseits von der Rennstrecke, was ich persönlich als sehr wichtig empfinde.
Hierdurch entstehen neue Freundschaften, und speziell beim 24h Rennen kann man so nach Arbeitsende auch einige nette Stunden im Kreise des Vereins verbringen.
Was machst Du, wenn Du nicht gerade an der Strecke stehst und im Einsatz bist?
Neben dem Arbeitsalltag und der Technikerschule verbringe ich gerne Zeit mit dem Jungs vom SimRC Endurance Team, ein E-Sports Team, welches von mir selbst mit gegründet wurde. Wir fahren dann dort teilweise selbst virtuell Endurance Rennen, teilweise auch über die Distanz von 24h. Da kriegt man schon ein gutes Gefühl dafür, was die Fahrer beim realen 24h Rennen auf dem Nürburgring leisten müssen.
Du bist also privat auf der virtuellen Rennstrecke unterwegs? Auch schon mal auf der Nordschleife?
Speziell in letzter Zeit nur noch auf der Nordschleife. Mein Traum ist es irgendwann im Rahmen der GLP oder der RCN mal selbst auf der Nordschleife unterwegs zu sein. Ich hoffe mir diesen Wunsch irgendwann erfüllen zu können.
Vielen Dank Michael für Deine Zeit und das wir dieses Interview mit Dir machen durften. Wir sehen uns beim nächsten Einsatz an der Strecke oder einem der nächsten Treffen neben der Strecke.
Das Interview führten Andreas D. und Michael M.
Wenn auch Du Interesse daran hast, mal Rennluft zu schnuppern oder noch Fragen hast, schreibe uns gerne eine Nachricht.
E-Mail: info(at)deutsche-streckensicherung.de